Was ist Kino? » die Film Bild Theorie!
Was ist eigentlich Kino? Diese zentrale Frage ist so banal und gleichzeitig auch nicht einfach zu beantworten. Letztendlich gibt es eine rudimentäre Erklärung dazu, dass Film, also Kino, nichts anderes als Bewegtbild ist. Also mehrere Bilder hintereinander, die wie ein Daumenkino abgespult werden und so die Illusion von Bewegung erzeugen. Auch in moderner Zeit setzt sich Film aus vielen tausenden einzelnen Bildern zusammen. Daher überrascht es auch nicht, dass immer wieder auch Bildtheorien herangezogen worden sind, um Film erklärbar zu machen und nach dessen Funktion und Aufgabe zu fragen. Doch kann die Bildkunst, die es schon seit Jahrtausenden gibt, wirklich Antworten für den Film liefern? Im Jahr 2004 fand eine internationale Konferenz zum Thema “Bildtheorie des Films” statt, aus der auch ein Tagungsband entstand, der heute noch käuflich erwerbbar ist. Vorgestellt werden verschiedene Positionen und vor allem Perspektiven auf das Thema, die vornehmlich dem Film und damit dem Kino eine eigene Theorie geben wollen, die über die reine Betrachtung des Bildes hinausgeht.
Kino – mehr als nur eine Ansammlung von Standbildern
Inwiefern klassische Bildkunst mit Kino zusammenhängt, lässt sich für manchen vielleicht nicht auf den ersten Blick erkennen. Doch der Blick kann bekanntlich geschärft werden, was in diesem Fall einfach durch die Pause-Taste geschehen kann. Im Kinosaal ist das zwar nicht möglich, aber analog zum heimischen DVD-Player eben doch. Ein Film kann pausiert werden und dem Zuschauer eröffnet sich in diesem Moment nichts mehr als einfach nur ein einzelnes Bild, das ohne Ton und Sprache auskommt. Und da Film eben eine Summierung einzelner Bilder ist, die allesamt auch einzeln betrachtet werden können, gibt es einen klassischen Ansatz, der eben Kino und Film wie Bilder bewertet. Aber viele Experten und damalige Tagungsteilnehmer glauben, dass so dem Kino nicht beizukommen ist.
Letztendlich kann das Thema von zwei Seiten betrachtet werden. Eigentlich ist ein Film in visueller Hinsicht nur eine Ansammlung einzelner Bilder, die nacheinander bewegt werden. Auf der großen Leinwand spiegelt sich das schon im Namen. Der Begriff ‘Kino’ ist die Kurzform von Cinématographe, was sich aus den beiden griechischen Worten ‘kinesis’ und ‘graphein’ ableitet. Es kommen also ‘Bewegung’ und ‘Gezeichnetes’ zusammen. Oder kurz: bewegte Bilder. Aber wenn auch der Begriff des Kinos die Funktion wiedergibt, so scheint damit das Wesen des Films noch nicht erfasst worden zu sein. Denn während ein Gemälde im Museum eben tatsächlich für sich alleine steht, ist Film eben ein zeitliches Medium, das ein Vor und ein Danach kennt.
Kein Bild im Film steht für sich alleine. Es gibt, abgesehen vom ersten und letzten Bild im Film, immer ein Vor und immer ein Danach. Vor jedem neuen Bild steht ein anderes und es folgt auch ein anderes. Wer Schritt für Schritt die 24 Bilder einer Sekunde abschreitet, wird nur kleine Unterschiede sehen. Größer gedacht gibt es vor und nach jeder Kameraeinstellung und Szenerien noch andere. Das Bild kommt also aus einer Richtung und schwindet in eine andere. Es steht in einem Kontext, der nicht nur historisch zu verstehen ist, sondern sich aus dem Medium selbst ergibt.
Der Bildwandel als zentrales Wesen
Wenn Kino als Bildsprache verstanden wird, die sich in klassischer Art und Weise auch mit Bildtheorien beschreiben lässt, wird gemeinhin auf die Kameraeinstellung verwiesen. Was kann der Betrachter in einer Einstellung sehen? Wie stehen die Charaktere zueinander, welche Informationen werden preisgegeben, welche Perspektive wird eingenommen, welche Farben werden verwendet? Einem klassischen Bild ist damit beizukommen, doch im Zuge der Bildtheorie zum Film haben die Initiatoren der Tagung und Herausgeber des dazu gehörigen Bandes einen gemeinsamen Nenner entdeckt, den die verschiedenen neuen Theorien hervorbringen. Nicht die Kameraeinstellung des einzelnen Bildes ist zentral für das Kino, sondern der Bildwandel.
Bildwandel wird als zentraler Begriff erkannt, der den verschiedenen Theorien zum Film gerecht wird, selbst wenn diese sich im Detail unterscheiden. Bildwandel wird auch klar abgegrenzt zu Bewegungsbild. Film ist eben nicht nur eine Ansammlung von bewegten Bildern, sondern ein zeitliches Wesen, das jedes Bild als Teil des Größeren sieht. In jedem Filmbild ist auch immer noch das vorherige vorhanden und sei es nur im Sinne der gegenwärtigen Erinnerung des Zuschauers. Wer Kino verstehen will, kommt um eine metatheoretische Betrachtungsweise nicht herum. Film enthält nicht nur auf narrativer, sondern auch auf visueller Ebene eine Stringenz, die sich von Bild zu Bild bewegt und die Summe der einzelnen Bilder zu mehr als die Anzahl ihrer Teile macht.
Bildtheorie und Film Konferenz: Die große Menge von Filmtheorien
Die auf der Konferenz “Bildtheorie und Film” (Internet: filmbildtheorie.de) vorgestellten Theorien sind im ersten Sinne nicht als vollkommen eigenständige Filmtheorien zu verstehen, sondern legen den Fokus sehr auf die Betrachtung des Bildes, wie es auch kunsthistorisch verstanden wird. Gleichzeitig wird diese Betrachtungsweise aber auch aufgehoben und mit neuen Ansätzen gefüttert, die philosophisch, kunsthistorisch, narrativ und generell interdisziplinär zu verstehen sind und dem Kino eine eigene große Dimension geben.
Filmtheorien gibt es grundsätzlich viele. Grundsätzlich darf gesagt werden, das die Filmtheorie das theoretische Verständnis des Phänomens Film ist, eine Disziplin der Filmwissenschaft. Da gibt es beispielsweise die Genre-Theorie, die innerhalb von Kategorien zu vergleichen sucht, oder auch die psychoanalytische Filmtheorie, die den Film mit der Hilfe der Psychoanalyse verstehen will. Die Film-Bild Theorie bzw. Theorien haben aber für eine Erweiterung des Gedachten zum Film gesorgt, was selbst für den Laien interessante Ansätze bietet. Der Tagungsband “Bildtheorie und Film” ist heute noch gebraucht im Taschenbuch Format käuflich zu erwerben.